Laktierende Sauen müssen viel Futter aufnehmen, um nicht an Substanz zu verlieren. Wo liegen die Grenzen bei Jung- und Altsauen? Welchen Einfluss hat die Außentemperatur?
Prof. Steffen Hoy, Uni Gießen
Häufig berichten Ferkelerzeuger, dass die säugenden Sauen nicht genügend Futter aufnehmen. In der Folge wird Körperfett „eingeschmolzen“, um die Energie für die Ferkel bereitzustellen. Die Sau verliert an Körpersubstanz.
Wird der Gewichtsverlust zu groß, kann es zu verlängerten Absetz-Beleg-Intervallen, niedrigeren Wurfgrößen sowie einer Unausgeglichenheit der Ferkel im Folgewurf kommen. Bei mageren Sauen treten zudem häufiger Schulterläsionen auf.
Trogkontrolle und Futterkorrektur
Um die Folgeerscheinungen zu magerer Sauen am Ende der Säugezeit abzuschwächen, gibt es verschiedene Ansätze (siehe Checkliste). Ein wichtiger Punkt ist, wie schnell die Futtermenge gesteigert wird. Einerseits sollte das Futteraufnahmevermögen voll ausgeschöpft werden, um das Energiedefizit gering zu halten. Andererseits sind die Sauen gerade in den ersten zwei Wochen nach der Geburt nicht zu überfordern.
Zu dieser Thematik wurden Untersuchungen in der neuen Sauenanlage der Universität Gießen (Oberer Hardthof) vorgenommen. Nach einem Testlauf mit zweimal täglicher Fütterung wurde entschieden, alle Sauen im Abferkelstall dreimal täglich zu füttern. Die installierte Spotmix-Anlage erfasst die Futtermengen für jede einzelne Sau.
Das eingesetzte Lak-Futter entspricht den DLG-Empfehlungen. Die Futtermengen sind nach einer hinterlegten Kurve vorgegeben. Eine Korrektur erfolgte immer dann, wenn Futterreste im Trog auftraten bzw. der Trog nach kurzer Zeit blank war. In diesen Fällen wurde die nachfolgende Futterportion angepasst. Über die tägliche Trogbonitur kann sehr gut auf das Fressverhalten jeder einzelnen Sau reagiert werden.
Laut hinterlegter Futterkurve starten die Altsauen am fünften Tag vor der Abferkelung mit 3,5 kg und die Jungsauen mit knapp 3 kg Futter. Bis zur Abferkelung wurden diese Mengen täglich reduziert bzw. die Sauen fraßen weniger, um am Tag der Abferkelung fast auf Null zurückzugehen. Danach wurde die Futtermenge pro Tag um etwa 300 g gesteigert.
Um die tatsächlich aufgenommenen Futtermengen bis zum 24. Tag nach der Geburt zu erfahren, wurden Daten von insgesamt 100 Alt- und 30 Jungsauen analysiert. Zusätzlich zu den üblichen Wurfdaten wurde das Maximum der Außentemperatur für jeden Tag erfasst. Zudem wurden die Sauen routinemäßig am dritten/vierten Säugetag und beim Absetzen einzeln gewogen. Daraus ließ sich die Gewichtsabnahme oder auch -zunahme berechnen.
Gleiche Kurve für Jung- und Altsauen
Über alle Sauen hinweg betrug die tägliche Futteraufnahme in der ersten Säugewoche 2,8 kg. Zur zweiten Woche hin verdoppelte sich nahezu die Futtermenge auf 5,4 kg. In der dritten und vierten Säugewoche war der weitere Anstieg dann nicht mehr so gravierend, die Sauen fraßen im Durchschnitt 7,5 bzw. 8,4 kg pro Tag.
In einem zweiten Schritt wurden die aufgenommenen Futtermengen separat für Jung- und Altsauen ausgewertet. Danach ist der Kurvenverlauf bis zu Beginn der dritten Woche nahezu identisch. Erst danach unterschied sich die Futtermenge zwischen Jung- und Altsauen. In beiden Kategorien nahm die täglich aufgenommene Futtermenge weiter zu, wobei die Altsauen am 24. Säugetag mit 8,6 kg im Mittel täglich fast 1 kg Futter mehr als die Jungsauen (7,7 kg) aufnahmen (siehe Übersicht 1).
Während der gesamten Laktationsphase nahmen die Jungsauen vom 1. bis zum 24. Säugetag 125,6 kg Lak-Futter auf. Bei den Altsauen waren es 137,6 kg. Pro Säugetag betrug die Futteraufnahme demzufolge 5,2 kg bei den Jungsauen und 5,7 kg bei den Altsauen.
Weniger Appetit im Hochsommer
Diese Ergebnis zeigt: Durch das dreimal tägliche Füttern ist es möglich, eine größere Futtermenge in die Sauen „hineinzubekommen“ als es in vielen Betrieben bei zweimaliger Fütterung pro Tag beschrieben wird.
Doch werden diese Futtermengen auch im Hochsommer erreicht? Bekanntlich fressen die Sauen bei Hitze weniger. Um dies zu quantifizieren, wurden Tage mit einem mittleren täglichen Maximum der Außentemperatur von höchstens 4,6°C als Winter, Tage mit einem Maximum von über 23°C als Sommer charakterisiert.
Ergebnis: Im Winter betrug die mittlere tägliche Futteraufnahme 5,9 kg. Bei hoher Außentemperatur im Sommer ging die Futteraufnahme um fast 0,8 auf 5,1 kg zurück. Bis zum zehnten Säugetag war dabei die tägliche Futteraufnahme bei hoher bzw. niedriger Außentemperatur nicht verschieden. Erst in der letzten Säugewoche fraßen die Sauen bei einer hohen Außentemperatur bis zu 3 kg weniger als bei einer niedrigen Temperatur (s. Übersicht 2).
Mehr Ferkel, mehr Futter
Es ist bekannt, dass in größeren Würfen eine gesteigerte Menge an Milch erforderlich ist. Der tägliche Energiebedarf ist also höher. Ob diese Sauen auch mehr fressen, sollte eine weitere Auswertung zeigen.
Ergebnis: Sauen, die bis zu zehn Ferkel absetzten, fraßen im Durchschnitt mit 5,6 kg signifikant am wenigsten pro Tag. Sauen mit elf abgesetzten Ferkeln hatten die höchste tägliche Futteraufnahme mit 5,9 kg. Sauen mit größeren Würfen hatten eine nur unwesentlich niedrigere Tagesfuttermenge (s. Übersicht 3).
In einem weiteren Auswertungsschritt wurde analysiert, welche Futtermenge Sauen mit hohem bzw. minimalen Substanzverlust während der Säugeperiode aufnahmen. Dazu wurden drei Kategorien an säugenden Sauen gebildet:
- Sauen mit Gewichtszuwachs während der Säugezeit,
- Sauen mit leichtem Zuwachs oder Gewichtsabnahme bis 8,7 kg und
- Sauen mit Gewichtsverlust von mehr als 8,7 kg zwischen dem dritten/vierten Säugetag und dem Absetzen.
In der ersten Säugewoche gab es kaum Unterschiede zwischen diesen drei Gruppen: Die Sauen fraßen 2,8 bzw. 2,7 kg Futter pro Tag. Ab der zweiten Säugewoche traten jedoch signifikante Unterschiede auf, indem Sauen mit stärkerem Gewichtsverlust deutlich weniger Futter aufgenommen hatten. Die Differenz zwischen Sauen mit Gewichtszunahme und solchen mit Abnahme von mehr als 8,7 kg betrug in der zweiten Säugewoche 0,3 kg, in der vierten Säugewoche sogar 1,2 kg mehr Futter pro Tag (s. Übersicht 4).
DLG-Empfehlungen angepasst
Gerade bei großen Würfen ist es wichtig, dass die Sauen genügend Futter aufnehmen. Die GfE und die DLG e.V. haben entsprechende Versorgungsempfehlungen entwickelt. Danach soll bei einer Wurfgröße von 11 bis 12 abgesetzten Ferkeln und einem Wurfzuwachs von 2,5 kg pro Tag die tägliche Energieversorgung 81 MJ ME bei Jungsauen und 85 MJ ME bei Altsauen betragen. Der tägliche Lysinbedarf beträgt dann 57 g.
Bei 13 bis 14 Ferkeln beim Absetzen und einem täglichen Wurfzuwachs von 3 kg beträgt der Energiebedarf pro Tag 90 bzw. 95 MJ ME. Bei einem Säugefutter von 13 MJ ME/kg müssen Altsauen pro Tag im Schnitt 7,3 kg Futter aufnehmen, gerechnet vom ersten bis zum 24. Säugetag.
Allerdings müssen die Sauen auch nicht zwingend während der Säugezeit zunehmen, sodass vor allem Sauen mit relativ kleinen Würfen in der letzten Säugewoche mit Augenmaß gefüttert werden sollten.
Wasserbedarf steigt parallel
Parallel zur Futteraufnahme steigt auch die tägliche Wasseraufnahme während der Säugezeit langsam an. Dazu liegen Auswertungen von über 100 vornehmlich jüngeren Sauen vor. Die Untersuchungen wurden im November und Dezember, also in der kühlen bis kalten Jahreszeit, in einem Praxisbetrieb durchgeführt. Die verbrauchten Mengen wurden täglich an den installierten Wasserzählern abgelesen.
Die Ergebnisse: Unmittelbar nach der Abferkelung betrug die tägliche Wasseraufnahme etwa 10 Liter. Bis zum Ende der dritten Säugewoche stieg der Wasserverbrauch pro Tag um ca. 1,5 Liter, sodass die Sauen schließlich täglich fast 40 Liter Wasser aufnahmen.
Die Wasserverbrauchskurve während der Säugezeit ähnelt der Kurve für den Futterverbrauch. Bei älteren, schwereren Sauen können die Werte deutlich höher sein. Auch in Hitzeperioden ist mit einem Anstieg des Wasserverbrauches zu rechnen.
Somit kann stellvertretend für die Futteraufnahme der Wasserverbrauch gemessen werden. Um diesen zu erfassen, genügt eine Wasseruhr pro Stall. Das tägliche Ablesen der Uhr ist viel einfacher als den Futterverzehr exakt zu erfassen.
Fazit
- Die tägliche Futteraufnahme steigt während der Säugezeit langsam an – in den ersten beiden Säugewochen ohne Unterschied zwischen Jung- und Altsauen.
- In der vierten Säugewoche erreichen die Jungsauen 7,5 kg und die Altsauen 8,5 kg.
- Ab der vierten Säugewoche ist die tägliche Futteraufnahme bei hohen gegenüber niedrigen Außentemperaturen bis zu 3 kg (!) vermindert.
- Sauen mit großen Würfen nehmen erwartungsgemäß mehr Futter auf als Sauen mit unter zehn Ferkeln.
- Das vermehrte Einschmelzen von Körpermasse zur Milchbildung setzt erst ab der dritten Säugewoche ein.
- Mit einer dreimal täglichen Fütterung kann der Lebendmasseverlust der Sauen begrenzt werden.