Um die Absetzphase zu meistern, sollen Saugferkel früh Beifutter aufnehmen. Holländische Erfahrungen zeigen, wie Ferkel schneller fressen lernen.
Fred Schnippe, SUS
Das Absetzen von der Muttersau ist die schwierigste Phase im Leben eines Schweines. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Futter. Denn mit dem Wechsel in die Aufzucht fällt die Muttermilch als Hauptnahrung weg und die Ferkel müssen sich auf festes Futter als alleinige Energiequelle umstellen.
Um das zu erleichtern, sollten Ferkel früh festes Futter bekommen. Das Beifüttern von Prestarter ab der zweiten Säugewoche hat sich bewährt.
Saugferkel: Nur 60% fressen
Allerdings zeigen Untersuchungen am niederländischen Schweine-Innovations-Zentrum (VIC) in Sterksel, dass längst nicht alle Ferkel das Beifutter aufnehmen. Im Versuch wurde 318 Ferkeln ab der zweiten Lebenswoche ein pelletierter Prestarter vorgelegt. Diesem war ein roter Farbstoff zugesetzt. So ließ sich am Kot ablesen, ob die Ferkel Beifutter aufgenommen hatten. Das Ergebnis ist ernüchternd. So haben nur 61 % der Ferkel Prestarter gefressen. 39% der Ferkel nahmen während der vierwöchigen Säugezeit kein festes Futter auf, obwohl dieses zweimal täglich frisch vorgelegt wurde.
In vielen Praxisbetrieben dürfte es ähnlich aussehen. Denn aufgrund der relativ geringen Futtermengen und teils großen Futterverluste lässt sich schwer nachhalten, ob und welche Ferkel wirklich Prestarter aufgenommen haben.
Im Versuch wurde auch das Wachstum der Ferkel verfolgt. In der Säugephase hatte die Beifutteraufnahme keinen Einfluss. So erzielten beide Ferkelgruppen Absetzgewichte von 7,9 kg.
Anders war das Ergebnis in der Aufzucht. Vor allem in der ersten Woche zeigten sich gravierende Unterschiede. Mit Tageszunahmen von 198 g schnitten die Ferkel, die zuvor Prestarter gefressen hatten, in dieser Untersuchung 65 g besser ab als die anderen Ferkel (siehe Übersicht 1). Auch in den weiteren Aufzuchtwochen hatten die Ferkel mit vorheriger Beifutteraufnahme die Nase vorn.
Im Mittel der ersten fünf Aufzuchtwochen erzielten die Ferkel mit Beifutteraufnahme mit 456 g fast 50 g höhere Tageszunahmen als die anderen Tiere. Nach 35 Aufzuchttagen waren die „Fresser“ mit 23,8 kg je Tier fast 2 kg schwerer als die Ferkel ohne Beifutteraufnahme im Abferkelstall.
Durchfall-Risiko steigt
Das schnellere Wachstum ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Ferkel in der Aufzucht früher mit dem Fressen beginnen. Dies bestätigt eine weitere Untersuchung der Universität Wageningen. Hiernach haben zehn Stunden nach dem Absetzen mehr als 90% der „Fresser“ erstmals festes Futter in der Aufzucht aufgenommen (siehe Übersicht 2).
Hingegen starten die Ferkel ohne zuvorige Beifutteraufnahme in der Aufzucht deutlich später mit dem Fressen. Von ihnen hatten zehn Stunden nach dem Absetzen noch mehr als 30% kein festes Futter aufgenommen.
Knapp 20 Stunden nach dem Absetzen hatten praktisch alle Ferkel mit Beifutteraufnahme erstmals Futter im Aufzuchtstall gefressen. Bei den „Nichtfressern“ dauerte ist hingegen mehr als drei Tage bis auch die letzten Ferkel erstmals Aufzuchtfutter fraßen.
Der spätere Beginn der Futteraufnahme bremst nicht nur das Wachstum. So fallen die Ferkel in ein Energieloch, wodurch ihre Krankheitsanfälligkeit steigt. Gleichzeitig können sich die Ferkel nach der längeren Hungerphase überfressen. Dies kann Durchfallerkrankungen auslösen.
Beifutter attraktiv machen
Die Versuche unterstreichen, dass Saugferkel möglichst früh festes Futter aufnehmen sollten. Hierfür müssen sie zunächst das Kauen lernen. Denn im Gegensatz zum Saugen an der Zitze ist das Kauen kein angeborener Reflex.
Bereits ab der zweiten Lebenswoche sollte den Saugferkeln daher Beifutter in der Bucht angeboten werden. Es geht dabei weniger um das Fressen, sondern um den Spieltrieb. So beschäftigen sich selbst die jungen Ferkel sehr intensiv mit dem Beifutter, indem sie es anknabbern oder umhertragen.
Gerade in der frühen Lernphase ist pelletiertes Beifutter attraktiver als mehlförmiges oder flüssiges. Dabei nehmen junge Ferkel große Pellets besser an als kleine, wie Untersuchungen der Uni Wageningen zeigen. Hier wurde den Würfen ab dem vierten Lebenstag entweder ein handelsüblicher Prestarter mit 2 mm Durchmesser oder große 12 mm-Pellets vorgelegt.
Der grobe Prestarter wurde insbesondere in den ersten beiden Säugewochen deutlich besser angenommen. So war die Beifutteraufnahme der Würfe mit groben Pellets fünfmal so hoch wie bei üblichen kleinen Pellets. Die Forscher sehen den Vorteil der großen Pellets insbesondere darin, dass sich diese besser beknabbern lassen und weniger Futter durch die Spalten fällt.
Ferkel lernen von der Mutter
Neben der Struktur kommt es auf die Schmackhaftigkeit bzw. Frische des Beifutters an. Ziel ist, dass Futter zweimal täglich frisch vorzulegen. Futterreste oder Verschmutzungen im Ferkeltrog sind täglich zu entfernen.
Nicht zu unterschätzen ist zudem der Einfluss der Muttersau auf das Fressverhalten der Saugferkel. Denn wie in der Natur imitieren die Ferkel das Verhalten der Mutter. So lernen die Ferkel, was gut für sie ist oder was giftig sein könnte.
Für das Beifüttern im Abferkelstall lassen sich daraus Tipps ableiten:
- Plazieren Sie die Futterschalen im Kopfbereich der Sau. So können Sau und Ferkel eng beieinander fressen und die Schalen verschmutzen weniger.
- Füttern Sie die Ferkel zur selben Zeit wie die Sau. Fressgeräusche der Mutter locken die Ferkel an den Trog.
- Füllen Sie in den ersten Tagen das Sauenfutter in die Ferkelschalen. Die Ferkel erkennen das Futter am Geruch.
Wie wichtig die Muttersau für die Futteraufnahme der Ferkel ist, zeigen auch neue Beobachtungen am Schweine-Innovationszentrum Sterksel. So ist bei rund 20 % der Sauen zu sehen, dass sie ihre Ferkel ab der zweiten Säugewoche aktiv füttern. In der vierten Woche schieben sie mit ihrem Rüssel täglich 1 bis 2 kg Futter aus ihren Trog, so dass die Ferkel es vom Boden fressen können. Die Ferkel nehmen das Sauenfutter sehr gut an. Allerdings treten durch die Perforation des Bodens hohe Futterverluste auf. Diese lassen sich durch eine Gummimatte unter dem Trog mindern.
Konzept zur Bodenfütterung
Dies hat die holländischen Forscher animiert, das gemeinsame Fressen von Sau und Ferkeln weiterzuentwickeln. Mit Praxisbetrieben tüfteln sie an einer Bodenfütterung für die Abferkelbucht. Hierbei ist anstelle des Sauentrogs eine rund 100x60 cm große Metallplatte auf dem Boden befestigt. Per Rüttelmechanismus ruft die Sau ihre Mahlzeit in kleinen Portionen ab, die auf die Platte fallen.
Sau und Ferkel haben so genug Platz, um gemeinsam zu fressen. Weiterer Vorteil: Statt zehn benötigt die Sau etwa 30 bis 45 Minuten, um ihre Mahlzeit aufzunehmen. Das Futter wird so stärker eingespeichelt und besser verdaut.
Die Bedeutung der Sau für die Futteraufnahme der Saugferkel ist auch bei den Stalltechnikfirmen angekommen. Sie sind dabei, neue Tröge zu entwickeln, aus denen die Sau und die Ferkel gemeinsam fressen können.
Flatdeck: Genug Fressplätze
Auch nach dem Umstallen in die Aufzucht gilt es das Fressen weiter zu unterstützen. Daher sollten die Ferkel in den ersten Tagen im Flatdeck das gleiche Futter erhalten wie in den letzten Tagen bei der Sau. Vorteilhaft ist zudem, das Futter in den gleichen Schalen anzubieten wie im Abferkelstall. So erkennen die Ferkel das Futter und den Trog wieder und fangen schneller an zu fressen.
Wichtig ist außerdem, dass den abgesetzten Ferkeln genügend Fressplätze zur Verfügung stehen. Denn im Alter von vier Wochen können Ferkel lediglich 3 bis 4 g trockenes Futter pro Minute aufnehmen.
Das heißt: Für die Aufnahme ihrer Tagesrationen benötigen die jungen Ferkel mehr als zwei Stunden Zeit. Herrscht Platzmangel am Trog, bekommen einzelne Tiere zwangsläufig zu wenig Futter.
Ideal ist nach dem Absetzen ein Tier-/Fressplatzverhältnis von 2:1. Um dies zu ermöglichen, sollten in der ersten bis zweiten Aufzuchtwoche neben den fest installierten Trögen zusätzlich Schalen in der Bucht aufgestellt werden. Im Idealfall stehen diese an verschiedenen Stellen, so dass die Tiere beim Erkunden der Bucht immer wieder darauf treffen.
Hilfreich ist zudem, das Futter in den ersten zwei bis drei Aufzuchttagen mehrmals täglich frisch nachzulegen. So nimmt es weniger Stallgeruch an und bleibt für die Ferkel attraktiver.
Auch sollte die Stallbeleuchtung in den ersten beiden Nächten eingeschaltet bleiben. So bekommen insbesondere ängstliche Ferkel die Möglichkeit nachts zu fressen.
Zu beachten ist weiterhin, dass Ferkel mit der Umstellung auf festes Futter deutlich mehr Wasser benötigen. Die regelmäßige Kontrolle der Tränken und Wasserqualität ist daher ein Muss. Ratsam ist, nach dem Absetzen zusätzlich Wasser in Schalen anzubieten. Fehlt Wasser oder schmeckt es nicht, fressen die Ferkel sofort weniger.
Fazit
Damit Ferkel nach dem Absetzen schnell Futter aufnehmen, müssen sie bereits als Saugferkel an Beifutter gewöhnt sein. Für eine hohe Prestarteraufnahme, sollten die Tröge im Kopfbereich der Sau stehen und parallel zum Füttern der Mutter befüllt werden. Die Holländer testen neue Fütterungssysteme, wo Sau und Ferkel zusammen vom Boden fressen. So zeigen Untersuchungen, dass die Sau eine große Rolle beim Erlernen des Fressens spielt.
An den ersten Aufzuchtagen sollte in Schalen zusätzlich Futter und Wasser angeboten werden. Für die Absetzphase ist ein Tier-/Fressplatzverhältnis von 2:1 anzustreben.