Die Verschärfung der Dünge-Verordnung steigert den Bedarf an Gülleflächen.Die Nährstoff-reduzierte Fütterung kann die Folgen abfedern.
Dr. Julia Hoeck, LWK Nordrhein-Westfalen
Nach mehrjährigem Tauziehen haben Bund und Länder Ende März die Neufassung des Düngerechts beschlossen. Die Änderungen sind im Mai in Kraft getreten, sodass sie bereits zur nächsten Bestellung im Herbst greifen.
Jedoch gibt es noch in einigen Punkten Klärungsbedarf. Relevant für die Schweinehalter ist vor allem die Stoffstrombilanz, die ab 2018 für viehstarke Betriebe mit mehr als 2,5 GV/ha gilt. Berlin erstellt derzeit eine eigene Verordnung zur Stoffstrombilanz.
Bündel an Verschärfungen
Doch bereits die beschlossenen Punkte des neuen Dünge-Rechts bringen massive Verschärfungen. Hier die wichtigsten für die Tierhalter:
- Die zulässigen N- und P-Salden der Nährstoffbilanz sinken um 10 kg/ha.
- Bei Stickstoff sind nur noch 20 % Stall- und Ausbringverluste ansetzbar.
- Die Sperrfristen für die Düngung steigen von drei auf vier Monate.
- Biogas-Gärreste fallen mit unter die Obergrenze von 170 kg N/ha.
- Bei hohen Nitratwerten im Grundwasser dürfen die Länder zusätzliche Mittel zur Reduktion erlassen.
- Behörden erhalten neue Kompetenzen, um Daten zur Gülleabgabe und zu Tierbeständen abzugleichen.
Für die Schweinehalter ist vor allem die stärkere Limitierung der Stickstoff- und Phosphor-Düngung relevant. Beim Stickstoff wirkt sich in erster Linie die Reduzierung der anrechenbaren Stall- und Lagerverluste aus. In der Nährstoffbilanz durften die Praktiker bislang bis zu 30 % Verluste ansetzen. Fortan sind nur noch 20 % Abzug erlaubt. Das heißt: Rechnerisch fallen 10 % mehr Stickstoff an.
Noch gravierender sind die Verschärfungen beim Phosphor. Denn dieser ist in der Regel der erstlimitierende Faktor bei der Gülle-Düngung im Schweinebetrieb. Zwar hat Berlin die ursprünglichen Pläne zur P-Düngung noch etwas entschärft. Doch auch die jetzige Fassung hat es in sich.
Zulässiger P-Saldo halbiert
So durften die Betriebe bisher im sechsjährigen Mittel mit P-Salden von bis zu 20 kg/ha kalkulieren. Das heißt: Die P-Düngung durfte bis zu 20 kg je ha über dem rechnerischen Entzug der Pflanzen liegen. Mit der Novelle wurde der zulässige P-Saldo auf maximal 10 kg je Hektar halbiert. Auf Standorten mit hohen Phosphorgehalten von mehr als 20 mg/100 g Boden (Stufe D und E) sinkt der zulässige Saldo sogar auf null! In Veredlungsregionen können erhebliche Teile der Nutzfläche betroffen sein.
Wie sich die Verschärfungen in der Praxis auswirken, zeigen zwei Beipielbetriebe. Zunächst zur Mast. Basis ist hier ein Betrieb mit 2000 Plätzen und einem Zunahmeniveau von 850 g. Da der Mäster bereits Gülle abgeben muss, setzt er auf Nährstoff-reduziertes Futter. Die Eckwerte hierfür zeigt Übersicht 1.
Die Mastschweine scheiden jährlich 23400 kg Stickstoff aus. Hiervon durfte der Mäster bisher 30 % bzw. 7020 kg N für Stall- und Lagerverluste abziehen. Es blieb ein Stickstoff-Anfall von 16380 kg. Bei der Obergrenze von 170 kg N/ha aus Wirtschaftsdünger benötigte der Mäster auf Basis des Stickstoffs bislang 96,3 ha Güllefläche.
Beim Phosphor muss der Betrieb mit jährlichen Ausscheidungen von 8800 kg rechnen. Abzüge sind nicht zulässig. Den pflanzlichen Entzug beziffert er im Mittel mit 70 kg P2O5/ha. Inklusive des bislang zulässigen P-Saldos von 20 kg/ha konnte der Landwirt 90 kg P2O5/ha ansetzen. Auf Basis des Phosphors benötigte er bisher 97,8 ha Nutzfläche (siehe Übersicht 2). Das heißt: Selbst bei Nährstoff-reduzierter Mast ist Phosphor der limitierende Faktor der Düngung.
Mast: 12% mehr Gülle-Fläche
Mit der Verschärfung der Dünge-Verordnung steigt der Bedarf an Gülleflächen enorm an. Auf Basis des Stickstoffs erhöht sich die Güllefläche des 2000er-Mastbetriebes von 96,4 auf gut 110 ha. Auf Basis des Phosphors steigt der Flächenbedarf ebenfalls auf 110 ha. Das heißt: Der Beispielbetrieb muss rund 12 % mehr Fläche für die Nährstoffverwertung vorhalten bzw. in selbem Maße Gülle abgeben.
Noch härter kommt es für Betriebe, die über viele Flächen mit hoher P-Versorgung verfügen. Denn auf diesen Flächen darf die Nährstoffbilanz fortan keinen positiven P-Saldo mehr ausweisen. Hätte der Beispielbetrieb 50 % der Ackerflächen beim Phosphor in Versorgungsstufe D oder E, steigt sein Flächenbedarf um weitere 7 ha!
Aufgrund der Verschärfungen müssen die Praktiker alle Register ziehen. Die Landwirtschaftskammer NRW rät Betrieben mit hochversorgten Böden schon länger, die P-Düngung zurückzufahren. Zudem gilt es, die Gülle gezielter einzusetzen und in der Vergangenheit häufig mit Wirtschaftsdünger versorgte Flächen zu entlasten.
Ausscheidungen senken
Ein sehr wichtiger Ansatz ist außerdem die Nährstoff-reduzierte Fütterung. Denn sie kann den Nährstoff- bzw. Gülleanfall effektiv senken. Zudem lassen sich Kosten sparen.
Der Beispielbetrieb füttert bereits N- und P-reduziert. Doch auch hier lassen sich durch den Schritt zu stark Nährstoff-abgesenkten Rationen weitere Einsparungen erzielen. Denn so kann der 2000er-Mastbetrieb den Stickstoffanfall von 23400 auf 21200 kg drücken. Die notwendige Güllefläche sinkt von 110 auf knapp 100 ha.
Ebenso effektiv ist der Schritt zur stark Nährstoff-reduzierten Fütterung beim Phosphor. Hier sinkt der jährliche Anfall von 8800 auf 7800 kg. Wie Übersicht 2 zeigt, geht der Flächenbedarf auf P-Basis von 110 auf 97,5 ha zurück. Das entspricht dem Niveau der alten Dünge-VO. Das heißt: Der Schritt zur stark Nährstoff-reduzierten Mast hat das Potenzial, die Verschärfung der Dünge-VO hinsichtlich Stickstoff und Phosphor fast vollständig abzupuffern.
Hohe Ferkelzahlen greifen
In der Sauenhaltung haben die Verschärfungen bei der Gülle-Düngung ebenfalls starke Auswirkungen. Für die Kalkulation dient ein Betrieb mit 250 Sauen-, 17 Jungsauen- und zwei Eberplätzen sowie 28 aufgezogenen Ferkeln. Der Betrieb setzt bereits auf die N- und P-reduzierte Fütterung mit den in Übersicht 3 gezeigten Zielwerten.
Mit dem alten Dünge-Recht benötigte der Sauenhalter 44,4 ha Güllefläche (siehe Übersicht 4). Wobei der Phosphor die Düngung limitierte. Der pflanzenbauliche P-Einsatz ist auf 70 kg Entzug/ha sowie 20 kg Saldo angesetzt. Insgesamt kalkulierte der Betrieb also mit 90 kg Phoshor je Hektar.
Die Novelle des Düngerechts spitzt die Lage des Sauenhalters zweifach zu:
- Durch die Senkung des zulässigen P-Saldos auf maximal 10 kg/ha darf der Betrieb rund 11 % weniger Gülle auf seinen Flächen ausbringen.
- Der Nährstoff-Anfall wurde dem Leistungsanstieg angepasst. Statt der bisherigen Obergrenze von 22 sind jetzt bis zu 28 abgesetzte Ferkel hinterlegt. Der Nährstoffanfall steigt bis zu 10 %.
Auch beim neuen Dünge-Recht bleibt Phosphor der erstlimitierende Faktor der Gülle-Düngung in unserem Sauenbetrieb. Dieser muss aufgrund seiner hohen Ferkelzahlen fortan mit einem Phosphor-Anfall von 4327 kg im Jahr kalkulieren. Das sind über 300 kg mehr als zuvor. Zudem muss der Betrieb in Zukunft aufgrund der Saldo-Kürzung 10 kg Phosphor je Hektar weniger ausbringen.
Die doppelte Verschärfung treibt den Bedarf an Gülleflächen immens in die Höhe. Statt bisher 44,4 ha muss der Sauenbetrieb künftig 54,1 ha Güllefläche vorhalten. Das ist ein Plus von fast 22 %! Nur Betriebe mit niedrigen Ferkelzahlen kommen etwas glimpflicher davon. Auch in der Sauenhaltung gilt es daher, die Einsparpotenziale über die Fütterung voll auszuschöpfen. So besteht im Beispielbetrieb die Möglichkeit, den Gülleflächenbedarf knapp unter 50 ha zu drücken. Hierfür müsste er bei den Sauen sowie in der Ferkelaufzucht zur stark Nährstoff-reduzierten Fütterung wechseln.
Fütterungsversuche zeigen, dass dies auch in der Ferkelerzeugung ohne Leistunsgeinbußen möglich ist. Vorausetzung sind eine exakte Rationsplanung und Laboranalysen der Komponenten. Doch selbst mit der stark Nährstoff-reduzierten Fütterung benötigt der Beispielbetrieb mit 250 Sauen künftig über 10 % an Güllefläche mehr als bisher.
Neben der Optimierung der Fütterung können die Betriebe mehr Gülle abgeben. Doch dies wird durch die Novelle der Dünge-Verordnung vermutlich deutlich teurer. Denn auch Milchviehbetriebe und Biogasanlagen benötigen künftig mehr Fläche für die Nährstoffverwertung.
Weiterer Druck droht Regionen mit kritischen Nitrat-Gehalten im Grundwasser. Hier bekommen die Bundesländer im Rahmen der Öffnungsklauseln weitreichende Kompetenzen, um den Einsatz von Wirtschaftsdüngern stärker einzuschränken.
Aus dem Katalog mit mehr als zehn Maßnahmen müssen die Länder in Gebieten mit kritischen Wasserqualitäten mindestens drei Verschärfungen ihrer Wahl umsetzen. Die Liste reicht von längeren Sperrfristen bis hin zum völligen Verbot der Phosphatdüngung.
Fazit
Die Novelle der Dünge-Verordnung spitzt die Gülle-Problematik zu. Denn es greifen höhere Ausscheidungswerte und es darf weniger gedüngt werden:
- In der Mast kann der Bedarf anGülleflächen um bis zu 12 % steigen.
- Ferkelerzeuger mit großen Würfen müssen u.U. mehr als 20 % an zusätzlichen Gülleflächen bereitstellen.
- Auf Böden mit hoher P-Versorgung wird die Düngung radikal begrenzt.
- Nährstoff-reduziertes Futter kann die Folgen merklich abpuffern.