Russen trotzen Sanktionen

Trotz westlicher Sanktionen konnten Russlands Schweinehalter 2022 expandieren. Doch jetzt bereiten fehlende Mitarbeiter und die schlechte Ersatzteilversorgung Probleme.

Fred Schnippe, SUS

Knapp ein Jahr ist es her, dass Russland den Angriffskrieg auf die Ukraine gestartet hat. Der Westen verhängte umgehend Wirtschaftssanktionen gegen Moskau, die mehrfach verschärft wurden.

Die russische Schweinehaltung steht zwar nicht auf der Sanktionsliste. Fachleute erwarteten dennoch, dass der Sektor indirekt unter Druck gerät. Denn insbesondere die russischen Großbetriebe haben bei ihrer Expansion stark auf westliche Technik und Know-how gesetzt.

Wider erwarten konnte die russische Schweineproduktion im Jahr 2022 weiter zulegen. Mit knapp 4,5 Mio. t Schweinefleisch lag die Erzeugung rund 8% über dem Vorjahr. Nach Einschätzung der Russischen Union der Schweinefleischproduzenten (RUPP) ist das expansive Wachstum trotz der Kriegszeiten auf zwei Schlüsselfaktoren zurückzuführen:

  • Anfang 2022 starteten mehrere neu gebaute industrielle Schweinefarmen und Großschlachthöfe ihre Produktion.#
  • Zahlreiche größere Schweinebetriebe konnten nach ASP-Fällen im Jahr 2021 ihre Produktion wieder aufnehmen. Allein in diesen Betrieben kamen mehr als 500.000 Schweine dazu.

Inlandskonsum boomt

Dass Russlands Schweinesektor trotz seines expansiven Wachstums so stabil läuft, verdankt er insbesondere dem Inlandskonsum. Dieser legte in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 knapp 8% gegenüber dem Vorjahr zu. Mit knapp 30 kg pro Kopf erreichte der Schweinefleischverzehr ein neues Rekordniveau. Hierfür gibt es vor allem drei Gründe:

  • Schweinefleisch ist mit umgerechnet 2,40 €/kg für die Konsumenten relativ günstig. Der Einzelhandelspreis blieb 2022 praktisch stabil.
  • Rind- und Geflügelfleisch hat sich verteuert. Der Konsum hat sich zugunsten des Schweinefleisches verschoben.
  • Moskau nutzte die Rekorderlöse aus dem Energieverkauf für umfangreiche Sozialprogramme für einkommensschwache Gruppen. Auch sie konnten sich 2022 mehr Fleisch leisten.

Dank des hervorragenden Inlandsgeschäftes konnte Russlands Schweinesektor die letztjährigen Rückgänge im Fleischexport um rund 10% gut verkraften. Zumal die Schweinefleischausfuhren mit etwa 170.000 t jährlich nur eine untergeordnete Rolle spielen.

So blieben die Erzeugerpreise trotz der Produktionsausweitung nahezu stabil. Ende 2022 lagen die Erlöse mit umgerechnet 1,80 € je kg Lebendgewicht nur etwa 5% unter dem Vorjahresniveau.

Gleichzeitig profitierten die Schweinehalter von den niedrigen Futterkosten. Während die Veredelungsbetriebe weltweit mit explodierenden Getreidepreisen zu kämpfen hatten, lagen diese in Russland sogar 30 % unter dem...