Familie Brummelhuis hat vor fünf Jahren in 242 neue Bewegungsbuchten investiert. Die Abteile werden auch für die Ferkelaufzucht genutzt.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Freiheit – Freude steht in großen Buchstaben auf dem Firmenschild des Abferkelstalles des Zuchtbetriebes von Harrie (69) und Jarno (40) Brummelhuis aus Hoge Hexel in Twente. Einerseits beziehen sich die Schweinehalter auf die großzügigen Bewegungsbuchten. Andererseits gibt das Motto das Gefühl wieder, das die Unternehmer bei der Stallarbeit verspüren. „Für uns hat sich der Arbeitskomfort deutlich verbessert“, sagt Jarno Brummelhuis. „Und die Tiere fühlen sich wohl. Das sieht man an den vielen Interaktionen zwischen Sauen und Ferkeln.“
Zwei Jahre Entwicklung
Als die Entscheidung anstand, die Herde von 250 auf 530 Muttertiere aufzustocken und den Abferkel- und Aufzuchtbereich neu zu gestalten, wollte die Familie Brummelhuis nicht die Zukunftstrends verpassen. Die Schweinezüchter beteiligten sich in 2012 am Projekt Pro Dromi, um den idealen Abferkelstall mitzuentwickeln. Mit den gewonnenen Eindrücken wurde in 2014 auf dem Betrieb ein Versuchsabteil mit sechs Freilaufabferkelbuchten eingerichtet.
Zwei Jahre lang hat der Jungsauen-Vermehrungsbetrieb das Buchtendesign und die Arbeitsabläufe optimiert. „Wir haben verschiedene Böden, Fixiermöglichkeiten und Abweiser ausprobiert“, sagt Brummelhuis junior. Die Abferkelbucht sollte stabil und praktisch sein sowie viel Übersicht bieten. Und es sollten die Ferkelverluste reduziert werden können.
Unterstützt wurde die Familie dabei von der Firma Nijenkamp. Der Stalleinrichter verkauft die weiterentwickelte Abferkelbox heute unter dem Label MultiFarrow sehr erfolgreich in den Niederlanden, Deutschland und England.
Sauen sehen sich
Die ursprüngliche Idee war, die Sau komplett in der Abferkelbucht freizulassen. „Aber das ging in den ersten Testdurchgängen fürchterlich schief. Dann haben wir uns entschieden, die Freiheit der Sau für ein paar Tage nach dem Abferkeln einzuschränken“, argumentiert Jarno Brummelhuis.
Das Herzstück der 2,50x2,40 m großen Bewegungsbucht bilden zwei Gitter, die mit einem Handgriff hochklappbar sind. Das ist wichtig wegen der Übersicht, zumal die Bucht auch für die Ferkelaufzucht genutzt wird.
Zudem können sich die Sauen in den Buchten sehen. Nur die unteren 75 cm der 1 m hohen Buchtentrennwand sind geschlossen. „Wir haben gelernt, dass dies wichtig für die Ruhe in den Abteilen ist“, betont Harrie Brummelhuis.
Damit sich die Klauen der Sauen ausreichend abnutzen können, ist der Boden mit einer Betoninsel ausgestattet. „Unsere Sauen liegen gerne auf Beton, um ihre Wärme abzuleiten. Zudem tut den abgesetzten Ferkeln der Klauenabrieb gut“, erklärt Brummelhuis junior. Schließlich verkauft der Betrieb jährlich 2500 Jungsauen, die ein stabiles Beinwerk aufweisen sollen.
Einfachheit ist Trumpf
Die Bucht ist längs angeordnet und das Ferkelnest gangseitig direkt am Kopf der Sau positioniert. Das heißt, dass die Sau in engem Kontakt mit ihren Ferkeln ist. „Da die Zugänglichkeit zum Gesäuge nicht besser sein kann, gibt es auch mehr Saugakte“, sind die Sauenhalter überzeugt.
Der Betrieb verzichtet auf eine Fußbodenheizung und steuert die Wärme für die Ferkel über 150 Watt-Infrarotlampen, deren Leistung man über einen Kippschalter auf die Hälfte reduzieren kann. Wenn die Ferkel älter sind, schaltet Brummelhuis alle Lampen im Abteil über einen Schalter im Zentralgang aus bzw. wenn erforderlich wieder ein.
Praktisch ist, dass die Abdeckung aus Plexiglas mit einer Hand nach oben gekippt werden kann. Angesammelten Staub bläst Jarno Brummelhuis zwischendurch mit einem Akku-Laubbläser von den transparenten Deckeln, um einen guten Blick auf die Ferkel im Nest zu behalten.
Auch beim Thema Frischluftzufuhr haben die Schweineprofis viel getüftelt. Damit sich die Luft abkühlt, wird sie aus einem Kanal unterhalb des Güllekellers entnommen und über Einlässe im Zentralgang ins Abteil geleitet. Die kühle Luft strömt dann über das abgedeckte Ferkelnest zur Sau. Dies ist entscheidend für das Liegeverhalten der Ferkel, und das wiederum beeinflusst die Erdrückungsrate. Aktuell verzeichnet der Betrieb Saugferkelverluste von nur 9,8%.
Universal-Futterautomat
Auch der Futterautomat wurde vorab im Versuchsabteil getestet. Brummelhuis entschied sich für das Modell KZB von Verba, welches aus Edelstahl angefertigt ist. Der 30 cm breite Trog ist auch für die Ferkel optimal zugänglich, weil die Kante sehr niedrig ist. Mittlerweile gibt es auch eine Variante mit einem 40 cm breiten Trog.
Die Erfahrung zeigt, dass die Ferkel bereits mit drei Tagen Wasser und ab dem fünften Tag Sauenfutter aus dem Trog entnehmen. Zusätzlich wird in Ferkelschalen Prestarter angeboten.
Die Sauen werden zweimal am Tag gefüttert und die Futtermengen individuell eingestellt. „Am Tag der Geburt setzen wir eine Mahlzeit aus“, erklärt Jarno Brummelhuis. Die meisten Sauen nehmen in der Spitze 7 bis 8 kg Laktationsfutter auf. „Sie rufen die Mengen über die Rüttelplatte am Automaten ab und richten sich mehrere Mahlzeiten über den Tag verteilt ein“, beschreibt Jarno Brummelhuis das Fressverhalten.
Die Ferkel schauen sich von der Sau ab, wie das Dosiersystem des Futterautomaten funktioniert und können es am Ende der Säugezeit selbst bedienen. Nach dem Absetzen verbleiben die Ferkel in der Bucht. Durch einen zweiten Kettenstrang über den Automaten wird einfach auf Ferkelfutter gewechselt.
Da die Ferkel den Automaten kennen, fressen sie sofort und wachsen nach dem Absetzen kontinuierlich weiter. Laut Brummelhuis gibt es keinen Wachstumsknick; die Ferkel erreichen das Zielgewicht von 25 kg eine Woche schneller.
Außerdem ist die Ferkelgesundheit sehr gut. In den letzten Jahren sind in der Aufzucht keine Coli- oder Streptokokken-Infektionen aufgetreten.
Weniger Arbeit
Der Vorratsbehälter des KZB-Automaten ist groß genug für den Futterbedarf von 15 Ferkeln. Und auch die 6 m² Platz reichen aus, um die 0,4 m² Mindestfläche je Ferkel einzuhalten.
Der große Vorteil der kombinierten Buchtennutzung ist, dass die Sauenhalter durch geringeren Reinigungsaufwand Arbeitszeit, Wasserverbrauch und Gülleanfall senken können. Von Nachteil sind die um 15 bis 20% höheren Investitionskosten, da bei kombinierter Nutzung doppelt so viele Bewegungsbuchten bereitgestellt werden müssen.
Insgesamt lässt das Stallkonzept eine effektive Tierbetreuung zu, was der Züchterfamilie sehr wichtig ist. Jarno Brummelhuis, der bei der Stallarbeit von zwei festen Mitarbeitern sowie einer Teilzeitkraft unterstützt wird, hat die Woche wie folgt durchgetaktet:
- Montags werden Sauen abgesetzt. Die ca. 25 kg schweren Ferkel werden mittwochs in den Aufzuchtbereich umgesetzt. Eins von insgesamt elf Abteilen wird dann frei.
- Dieses wird direkt im Anschluss gereinigt. Dafür braucht der Mitarbeiter etwa einen halben Tag. Die Trenngitter stehen senkrecht, sodass sie sehr gut auch von unten gesäubert werden können.
- Die Sauen ferkeln montags bis donnerstags ab. „Seitdem die Sauen vor dem Abferkeln viel Bewegung haben, geht die Geburt schneller über die Bühne“, hat Harrie Brummelhuis festgestellt.
- Donnerstags wird die neue Gruppe hochtragender Sauen in das gereinigte und desinfizierte Abteil aufgestallt. Jarno Brummelhuis genießt diese Arbeit, weil die Tiere beim Einstallen sehr ruhig sind.
- Ferkelbehandlungen finden schwerpunktmäßig am Donnerstag und Freitag statt. Vom Gang aus wird der Wurf mit einem schmalen Brett fixiert.
- Die Utensilien für die Behandlungen hat Brummelhuis stets in einer praktischen Tragebox dabei. Diese wird auf die Buchtenwand gesetzt.
- Selbst wenn ein Ferkel entwischt und auf der anderen Seite der Sau sein sollte, ist das kein Problem. Dank einer Aussparung am Ende des Trenngitters kann der Betreuer bequem auf die andere Seite der Bucht wechseln.
Werben in eigener Sache
Wer einen Betrieb dieser Größenordnung führt, muss sich in der Öffentlichkeit zeigen und aktiv den Kontakt mit Berufskollegen, Anwohnern und Verbrauchern suchen. Öffentlichkeitsarbeit ist den drei Generationen auf dem Betrieb Brummelhuis ein großes Anliegen.
Zunächst einmal identifiziert sich die Familie sehr stark mit der TN50-Jungsau, die sie züchten. Diese ist eine Kreuzung aus der norwegischen Landrasse und der Terra-Linie, einer kleinen Population im Topigs-Zuchtprogramm mit Hampshire-Einschlag. „Wir sind flexibel und können neben der TN50- auch die TN70-Sau liefern“, sagt Harrie Brummelhuis.
Der Betrieb beliefert rund 20 Kunden u.a. auch in Südholland. Egal, ob 25 kg-Zuchtferkel oder acht Monate alten Jungsauen – den Transport erledigt meist Harrie Brummelhuis. Dabei geht es dem Betrieb nicht nur um die Hygiene. Die Züchter nehmen sich die Zeit, um mit den Kundenbetrieben in engem Kontakt zu bleiben.
Darüber hinaus ist im neuen Stall eine sogenannte Skybox integriert. Dort schaut man von oben direkt in eines der Abferkelabteile. Neben interessierten Schweinehaltern besuchen auch Schulklassen regelmäßig den Betrieb Brummelhuis, der sich der Vereinigung Kiekeboer’n angeschlossen hat. Dies ist eine Initiative von fortschrittlichen Bauern aus Twente, um Kinder und Erwachsene mit der modernen Landwirtschaft in Kontakt zu bringen.
Jarnos Frau Marije organisiert diese Termine und ist für die verschiedenen Gruppen die Ansprechperson. Auch die neuen Medien hat der Betrieb entdeckt. So postet Tochter Stella (13) seit einiger Zeit über die Schweinehaltung auf dem Familienbetrieb. Ihre Videos auf dem eigenen YouTube-Kanal und der Facebook-Seite der Züchtergruppe Ost (Topfok) wurden schon mehrere zehntausend Mal geklickt.