Sauen sind sehr beweglich und drehen sich in Abferkelbuchten auch auf engem Raum verletzungsfrei um. Das zeigen die Ergebnisse einer Bachelorarbeit.
Laut den aktuellen Ausführungshinweisen zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen sich Sauen in Abferkelbuchten, die nach dem 9. Februar 2021 errichtet wurden, ungehindert umdrehen können. Die Tiere dürfen bei Drehbewegungen nicht an die Gitter des Ferkelschutzkorbes, die Buchtenwände, den Futtertrog oder andere Einrichtungsgegenstände stoßen. Bei einer Körperlänge der Sau von zum Beispiel 2 m muss in der Bucht also eine Fläche mit einem Durchmesser von mindestens 2 m vorhanden sein.
Ist in der Bucht kein Wendekreis vorhanden, der der Körperlänge der Sau entspricht, kann der zuständige Kreisveterinär den nachträglichen Umbau der Buchten einfordern. Dann müsste die Abferkelbucht so weit vergrößert werden, dass der Sau eine ungehinderte Dreh-Wendebewegung ermöglicht wird.
In der Praxis stoßen die von der Arbeitsgemeinschaft Tierschutz (AGT) der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) erarbeiteten Vorgaben auf Kritik. Viele Fachberater sehen den 2 m-Wendekeis kritisch. Sie befürchten u.a. steigende Erdrückungsverluste. Eine Gefahr sind auch mehr unterkühlte Ferkel, weil die Bucht sehr groß wird.
Praxisversuch auf Haus Düsse
Ob Buchten ohne entsprechenden Wendekreis das Tierverhalten negativ beeinflussen und wie sich die Situation in größeren Buchten darstellt, wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Fachhochschule Soest untersucht. Die Erhebungen fanden im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse in NRW statt.
Für den Versuch wurde das Tierverhalten in zwei unterschiedlichen Bewegungsbuchten über einen Zeitraum von zweimal 24 Stunden gefilmt und ausgewertet:
- In Bucht A betrug die Grundfläche 5,7 m2. Der Wendekreis für die Sau lag unter 2 m. Der Bewegungsbereich der Sau war trapezförmig aufgebaut.
- Bucht B war mit 8,6 m2 Grundfläche deutlich größer und im Bewegungsraum der Sau war ein Wenderadius mit mehr als 2 m lichter Weite vorhanden. Der Bewegungsbereich war quadratisch zugeschnitten.
Sauen liegen 21 Stunden je Tag
Übersicht 1 zeigt die Ergebnisse zu den verschiedenen Verhaltensparametern. Erwartungsgemäß verbringen die Sauen den allergrößten Teil des Tages liegend. Überwiegend ruhen die Tiere in Seitenlage. Fasst man die Bauch- und Seitenlage zusammen, liegen die Tiere rund 21 Stunden täglich. Weder die Größe, noch der Zuschnitt der Bewegungsfläche hatten dabei Einfluss auf die Liegedauer bzw. die Zeit, in der die Tiere stehen oder fressen.
Im Verlauf der Untersuchungen wurde auch festgehalten, wie oft die Sauen ihre Position wechseln. Wie Übersicht 2 zeigt, kam es zu deutlich mehr Positionswechseln in der größeren Bucht mit 2 m Wenderadius und quadratischem Zuschnitt. Sowohl in Bauch- als auch in Seitenlage wechselten die Sauen ihre Liegeposition 2,5- bis 3-Mal so häufig. In der Folge wurden auch fast doppelt so viele Saugakte gezählt. Das heißt, die Ferkel verließen viel häufiger das sichere Ferkelnest.
Dadurch können gefährliche Situationen entstehen, denn die Sauen drehen sich beim Säugen öfter hin und her. Durch die Positionswechsel steigt die Gefahr von Erdrückungsverlusten an. Experten raten deshalb dazu, das Liegeverhalten der Sau gezielt zu lenken. Ein trapezförmiger Bewegungsbereich ist dabei vorteilhafter als ein quadratischer Grundriss.
In Versuchen im Lehr- und Versuchszentrum Köllitsch in Sachsen lagen die Ferkelverluste in trapezförmig aufgebauten Buchten und weniger als 2 m-Wendekreis um bis zu 7% niedriger. Die alleinige Vergrößerung der Bucht mit dem Ziel, der Sau ein ungehindertes Umdrehen zu ermöglichen, ist also nicht zielführend.
Keine Probleme beim Umdrehen
Dass sich die Sauen sowohl in der kleineren als auch in der größeren Bucht problemlos umdrehen, zeigten weitere Auswertungen. Die erfolgreichen Drehversuche in Haus Düsse lagen in beiden Buchtentypen bei drei bzw. fünf Versuchen. Mehr als doppelt so viele abgebrochene Drehversuche wurden in den größeren Buchten mit 2 m-Wendekreis notiert.
Die genauere Analyse des Bildmaterials zeigte, dass kein abgebrochener Drehversuch durch Einrichtungsgegenstände hervorgerufen wurde. Die aufgestallten Tiere haben sich ohne ersichtlichen Grund dazu entschieden, sich nicht weiter zu drehen.
Sauen sind sehr gelenkig
Die Ergebnisse der Bachelorarbeit zeigen, dass die starre Vorgabe eines Wendekreises, der der Körperlänge einer Sau entspricht, in Abferkel- bzw. Bewegungsbuchten nicht nötig ist. Die Vorgabe lässt sich wissenschaftlich nicht fundiert begründen.
Die umfangreichen Videoaufnahmen zeigen ganz deutlich, dass sich Sauen ohne Probleme auch in kleineren Bewegungsbuchten umdrehen können. Sauen sind keine starren Gebilde, sie sind viel beweglicher als man denkt. Sie sind zudem in der Lage, Drehbewegungen auf der Vorder- und Hinterhand verletzungsfrei auszuführen und sich wenn nötig einzudrehen.
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Prof. Dr. Martin Ziron, FH Südwestfalen