Masteber unterscheiden sich von Kastraten vor allem bei der Futteraufnahme. Sie fressen in Einzelfütterung täglich rund 500 g Futter weniger als Kastraten. Auch bei der Futteraufnahme je Mahlzeit fallen die Eber fast 30 % zurück. Jungeber sind damit bei der Futteraufnahme weiblichen Schweinen ähnlicher als Kastraten. Das heißt: Ebermast reduziert den durch Kastration künstlich angelegten Geschlechtsdimorphismus in den Leistungen. Es stellt sich somit die Frage, ob die Diskussion um die Futterausstattung überhaupt berechtigt ist. Mittlerweile ist in Deutschland eine große Anzahl an Ebermastversuchen veröffentlicht. Diese zeigen bis auf wenige Ausnahmen denselben Trend bei den biologischen Leistungen. So hinken Masteber in der Ferkelaufzucht sowie in der ersten Mastphase den Kastraten hinterher. Mit Eintritt der Pubertät drehen sich die Verhältnisse. Erst dann werden die Masteber richtig produktiv und überholen die Kastraten, deren Zuwachs zunehmend aus Fett besteht. Das erklärt auch den stark steigenden Futteraufwand der Kastraten in der Endmast. Gleichzeitig rechtfertigt es höhere Schlachtgewichte bei den Mastebern. Dass Masteber trotz ihrer geringeren Futteraufnahme eine bessere Futterverwertung erzielen, hat mit ihrem Hormonhaushalt zu tun. So können Eber unter dem Einfluss des männlichen Sexual- und Wachstumshormons Testosteron das Futter besser verwerten. Die Stärken und Schwächen der unkastrierten Tiere ziehen sich wie ein roter Faden durch alle vorliegenden Versuche. In der Regel erreichen die Masteber in den jüngeren Untersuchungen bei recht hohem Schlachtgewicht etwas geringere Zunahmen. Im Mittel wachsen sie etwa 1 bis 3 % langsamer als ihre kastrierten Zeitgefährten (siehe Übersicht 1). Das große Plus der Eber ist ihre Futterverwertung. In den jüngeren Versuchen schneiden die Eber hier bis zu 18 % besser ab. Im Mittel beträgt der Vorsprung der Eber bei der Futterverwertung etwa 10 % bzw. rund 0,2 Punkte. Die vereinzelt widersprüchlichen Versuchsergebnisse von kastrierten und intakten Mastebern sind vor allem abhängig vom Schlachtgewicht, dem Ansatzvermögen für Fleisch und dem Pubertätseintritt zu sehen. Bei wachstums-betonten Herkünften bringt die Ebermast durchweg höhere Zunahmen. Denn der frühe Eintritt der Pubertät beschleunigt das Wachstum zusätzlich. Den Vorteilen bei der Futterverwertung der Eber stehen Nachteile bei den Tierverlusten gegenüber. In einem nahezu drei Jahre andauernden Exaktversuch im Versuchsbetrieb Köllitsch traten bei 2 753 ausgewerteten Schweinen etwa 1% höhere Tierverluste bei den Mastebern gegenüber den Kastraten auf. Auch in diesem Merkmal sind die Eber den Sauen ähnlicher als den Kastraten. Die Schlachtleistungen von Jungebern sind erst seit Ende 2012 mit der Anpassung der Auszahlungssysteme vergleichbar. Auch wenn die Formeln für die Klassifizierung von Ebern immer noch ausstehen, kann man bereits sicher sagen: Schlachtkörper von intakten Ebern sind hochwertiger als die von Kastraten. Dem steht aber das Risiko gegenüber, dass unerwünschter Ebergeruch auftritt. In unseren Versuchen waren rund 20 % der Eber betroffen! Dabei ist die Zeitdauer von der Pubertät bis zur Schlachtung nach unseren Erfahrungen der Hauptrisikofaktor für Ebergeruch. Die Krux ist: Hohe Zunahmen bringen einen frühen Pubertätseintritt, sie verkürzen aber auch die Zeitdauer bis zur Schlachtung. So reduzierte in unseren Versuchen ein starkes Absenken der Lysinausstattung vor der Pubertät und eine entsprechende Lysinerhöhung danach den Ebergeruch. Doch schwache Zunahmen in der Anfangsmast sind bei Piétrain-Kreuzungen ohnehin ein Problem und können nicht das Ziel sein. Der höhere Fleischanteil der Eber kommt weniger durch die leicht veränderte Ausprägung wertbestimmender Teilstücke zustande. Ausschlaggebend ist vielmehr der geringere Fettansatz. Mithilfe der FOM-Klassifizierung werden den Mastebern in älteren Versuchen je nach Schlachtgewicht 6 % und mehr zusätzlicher Muskelfleischanteil bescheinigt als den Kastraten. Das hätte heute noch höhere Erlösvorteile für die Eber zur Folge. Dabei geht man davon aus, dass die alten FOM-Formeln den Fleischanteil von Ebern um 3 % unterschätzen. Derzeit bringen Masteber je nach Preismaske Erlösvorteile von 3 bis 5 € je Tier gegenüber Kastraten. Das entspricht etwa dem Mehrerlös weiblicher Tiere. Als Zwischenfazit ist festzuhalten: Eber sind weiblichen Masttieren ähnlicher als die Kastraten. Daher ist anzunehmen, dass die Futter-Bedarfswerte für Eber und weibliche Mastschweine nicht wesentlich voneinander abweichen.j Bislang wurde aufgrund der unterschiedlichen grobgeweblichen Zusammensetzung der Eber-Schlachtkörper oft ein höherer Eiweißbedarf vermutet. Denn Eber weisen rund 5 % mehr Muskelmasse, 8 % weniger Fett und 1 % mehr Knochen auf. Hinzu kommt die höhere Bewegungsaktivität der Eber. Hieraus wurde ein um 10 bis 15 % höherer Lysinbedarf abgeleitet. Dieser ist jedoch aufgrund der hohen Kosten für Proteinträger dringend zu überprüfen. Konkrete Bedarfsangaben zur Energie- und Aminosäurenversorgung für Mast-eber sind noch nicht etabliert. In Versuchen wird eine Proteinzulage in Stufen von 5 bis 30 % erprobt. Als Basis dienen meist die DLG-Empfehlungen für Mastschweine mit hohem Proteinansatz und einem Zunahmeniveau von 850 g. Hierbei sind in der Anfangsmast 1,15 % Brutto-Lysin zu veranschlagen. Ab der Mittelmast ist dann eine Absenkung auf 0,8 bis 0,85 % Brutto-Lysin möglich. Um einen Überblick zu geben, werden die aktuellen Versuche zur Proteinversorgung der Eber ausgewertet. Dabei wird die Leistung der Kontrolltiere auf 100 % gesetzt und die Ergebnisse der Versuchstiere gegenübergestellt. Das Ergebnis der Literaturstudie zeigt eine klare Richtung. So lassen sich die biologischen Leistungen der Masteber durch eine Lysin- bzw. Proteinzulage nur mäßig steigern. Meist beträgt die Verbesserung beim Wachstum und der Futterverwertung nur 1 bis 2 %. Vielfach ist gar keine Wirkung messbar. Das gilt auch für die Schlachtleistung. Der geringe Nutzen zusätzlicher Eiweißgaben zeigt sich selbst bei einer relativ hohen Zulage von bis zu 30 %! Das heißt: Frühere Annahmen über einen stark erhöhten Proteinbedarf von Jung-ebern scheinen überholt. Auf die Lysinzulage reagieren die Masttagszunahmen und der Futteraufwand in der Vor- und Mittelmast stärker positiv als in der Endmast. Bei einphasiger Fütterung nach DLG-Standard wird ein relativ geringer Leistungsnachteil, der in der Vor- oder Mittelmast entstehen kann, zum Teil auch wieder kompensiert. Dabei kommt es offensichtlich auch auf die Definition der Mastabschnitte an. Eine Protein-Zulage hat physiologisch vermutlich nur vor der unterschiedlich beginnenden Pubertät der Tiere ihre Berechtigung. Deshalb spielt die Definition der Fütterungsphasen für eine bedarfsgerechte Versorgung eine große Rolle. Wirtschaftlich sinnvoll sind Proteinzulagen auf ein hohes Niveau nur dann, wenn sie wie in einer einzelnen Versuchsanstalt (Haus Düsse) eine deutliche Verbesserung des Futteraufwands bringt. Dort ermöglichte die bessere Proteinverwertung trotz deutlich höherer Futterkosten einen Vorteil von 1,50 € je Tier. In allen vorliegenden Versuchen war aber die Verbesserung der Schlachterlöse über den Muskelfleischanteil oder den Bauch-MFA so gering, dass sie keinen wirtschaftlich vertretbaren Grund für die höheren Futterkosten darstellt. Vielmehr ist der bessere MFA der Eber vor allem hormonell bedingt. Wird der Proteinansatz durch Rangkämpfe oder Raufereien der Eber gestört oder ist er aufgrund der Genetik begrenzt, kann die Lysinzulage ohne Wirkung oder tendenziell sogar negativ sein. Ungerechtfertigt gesteigerte Proteinmengen müssen energieaufwendig entsorgt werden, was auch den höheren MFA der Masteber mit Lysinzulage erklären kann. Das heißt: Es kommt darauf an, die Wachstumskurve und den Pubertätsbeginn der Masteber zu kennen und das Futter entsprechend auszustatten. Eine durchgehende Fütterung auf dem von der DLG gewählten Niveau ist ein sicherer Weg. Dieser ist zumindest besser als eine nicht optimale Phasenfütterung mit übertriebener Futterausstattung in der Vor- und Mittelmast und zu früher oder zu starker Absenkung in der Endmast. Als Beweis für diese Thesen spricht, dass die einphasigen Fütterungsversuche meist am besten laufen. Die Auswertung von Versuchen zur Ebermast liefert folgende Erkenntnisse: Zählt man die Faktoren zusammen, besteht kein Anlass, das Masteberfutter über die Empfehlungen der DLG (2010) hinaus auszustatten! Fraglich ist auch, ob man komplizierte Techniken für die geschlechtsgetrennte Fütterung braucht. Diese sind zumindest in großen Betrieben zu störanfällig. Eber in der Endmast besser Mehr Verluste, mehr Fleisch Eiweißzufuhr anpassen! Lysinzulage wenig wirksam Start der Pubertät wichtig Wir halten fest Die Masteber sind bei der Körperzusammensetzung und der Leistung weiblichen Tieren ähnlicher als Kastraten. Die Phasenfütterung für Eber sollte unbedingt den Nährstoffbedarf vor und nach der Pubertät berücksichtigen. In der zweiten Phase sollte die Brutto-Lysinversorgung nicht unter 0,8 % liegen. Eiweißzulagen stabilisieren die Zunahmen vor der Pubertät. Sie sind jedoch nur gerechtfertigt, wenn sie die Futterverwertung deutlich verbessern. Diese ist bei Ebern aber ohnehin gut. -Dr. Eckhard Meyer, LfULG, Lehr- und Versuchsgut Köllitsch- Über Leistung und Fütterung von Mastebern wurde bisher viel gemutmaßt. Mittlerweile stellt sich heraus, dass man die Futterausstattung nicht übertreiben sollte.