Schlachtbefunde sind Teil der Qualitätssicherung und spiegeln den gesundheitlichen Zustand der Tiere in der Endmast wider. Ein hoher Anteil beanstandeter Schlachtkörper kann ein Hinweis auf akute Erkrankungen durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Toxine sein. Hohe Befundraten können auch auf Defizite in den Bereichen Stallklima oder Fütterung hinweisen. Wobei es sich ebenfalls um „durchgereichte“ Probleme handeln kann, deren Ursachen in der vorgelagerten Ferkelerzeugung und -aufzucht zu suchen sind. Seit einiger Zeit wertet die Westfleisch die anfallenden Befunddaten intensiv aus. Denn im Rahmen der risikobasierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung muss der Konzern der überwachenden Veterinärbehörde zusätzliche Informationen zur Risikobewertung und -einschätzung einer Schlachtpartie oder Herkunft bereitstellen. Um diesen Vorgaben Rechnung zu tragen, hat die Westfleisch ein sogenanntes „dynamisches Risikomanagement“ entwickelt. Neben den erfassten Schlachttier- und Organbefunden wird eine Reihe weiterer Informationen zur Tiergesundheit im Herkunftsbetrieb einbezogen. So liegen beispielsweise Informationen zu den Behandlungstagen je Tier, Mortalitätsrate und durchschnittliche Tageszunahme vor, die konzernintern zum Gesundheitsindex eines Betriebes bzw. einer Herkunft zusammengefasst werden. Gleichzeitig fließt die Salmonellen-Kategorie in die Bewertung ein. Auch hier soll über Beratungs- und Interventionsmaßnahmen die Zahl der Kategorie-III-Betriebe möglichst weiter gesenkt werden. Zudem liegen Ergebnisse eines Tetracyclin-Monitorings vor, und im Rahmen von Pilotprojekten werden derzeit Erfahrungen mit einem „serologischen Monitoring“ gesammelt. Um eine differenzierte Bewertung der Organ- und Schlachttierbefunde vornehmen zu können, werden folgende Befundblöcke unterschieden: In den letzten Monaten wurden bereits über 600 000 Schlachtkörper nach diesem Schema bewertet. Nach wie vor bereiten Milkspots (9,2 %), Pleuritiden (8,2 %) sowie Pneumonien (12,8 %) die größten Probleme. Die jeweiligen Anteile beanstandeter Schlachtkörper in den einzelnen Blöcken können der Übersicht 1 entnommen werden. Um in die Bewertung einsteigen zu können, wurden zunächst für jeden einzelnen Befundblock Richtwerte festgelegt. Dies kann z. B. der doppelte Schlachthofdurchschnitt aller Einsendungen sein. Auch erfolgt eine Gewichtung der Blöcke nach der Bedeutung für den Verbraucher- und Tierschutz. Die Rückmeldung des Status quo an den Mäster erfolgt regelmäßig. Gleichzeitig werden die prozentualen Anteile auf ein vorgegebenes Punktesystem übertragen. Wobei hohe Punktestände wiederholte Befundauffälligkeiten widerspiegeln. Das heißt: Je höher die Punktzahl ist, desto höher ist das Risiko für Befunde und umso höher wird in diesem Falle auch die Beratungspriorität eingestuft. Um bei Problemen zu helfen, werden die Lieferbetriebe höchster Beratungspriorität angesprochen, und es wird eine Beratung durch den Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer angeboten. In der Regel wird der Hoftierarzt dabei einbezogen. Die tierärztliche Beratung der Westfleisch gibt ggfs. Hilfestellung und Interpretationshinweise und organisiert die Auswertungen. In den letzten Monaten wurden bereits etliche Beratungen vor Ort durchgeführt und jeweils entsprechende Protokolle angefertigt. Die Auswertung der Protokolle lässt folgende Rückschlüsse zu den einzelnen Befundblöcken zu: Block I: Als Ursache für erhöhte Teilschadensraten (Abszesse) wurde Kannibalismus in der Mastphase bzw. bereits vorgeschädigt angelieferte Mastläufer ermittelt. Werden diese Schweine vermarktet, kann die Beanstandungsrate wegen Teilschäden deutlich über 5 % liegen (s. Übersicht 2, Seite 36). Neben Kannibalismus als Ursache kamen Verletzungen z. B. durch scharfe Kanten und Ecken an Futterautomaten oder im Buchtenbereich hinzu. Auch die erstmalige Belegung eines Stalles mit noch scharfen Graten im Beton-Spaltenbodenbereich oder eine Laugenbehandlung zur Desinfektion konnte als Ursache ermittelt werden. Derartige Probleme traten auch bei der „Restemast“ oder bei der Ausmast nicht vermarktbarer Ferkel auf. Auch wurde in einem Fall eine „genetisch bedingte Unruhe“ als Grund angegeben. Diese ging nach dem Genetikwechsel wieder zurück. Block II: Als Ursache für erhöhte Parasitenleberbefunde war entweder die Entwurmung nicht oder eine „falsche Entwurmungsstrategie“ durchgeführt worden. Auch wurde eine Desinfektion mit einem Parasiten-unwirksamen Mittel vorgenommen oder die Tiere in ungeeignete Stallungen (Großgruppen auf Tiefstreu) eingestallt. Block III: Im Zusammenhang mit auffälligen Pleuritis-Befunden lag häufig eine APP-Problematik vor. Auch wurden derartige Befunde verstärkt bei nicht PRRS-geimpften Ferkeln in einem schweinedichten Umfeld vorgefunden. Hinzu kamen Defizite in Stallklima, Belegdichte und Lüftungstechnik, letzteres häufig durch unsachgemäße Handhabung der vorhandenen Lüftungsautomatik. Block IV: Ähnliches konnte bei hohen Pneumonie-Raten festgestellt werden.Bei einzelnen Schlachtpartien lagen die Befundraten über 50 % (siehe Übersicht 3). Auch hier stand die Mast von PRRS-ungeimpften Ferkeln im direkten Umfeld zu Nachbarbetrieben mit wechselnden Herkünften bzw. die Einstallung bereits diesbezüglich vorbelasteter Tiere im Vordergrund. Hinzu kamen falsch eingestellte Lüftungs-Computer oder auch einfach Unkenntnis bzw. mangelnde Einführung in die eingebaute Lüftungstechnik. Schon aus diesem Grund sollten zweimal jährlich Lüftungs-Checks stattfinden. Block V: Auffällige Perikarditis-Befunde hatten ihren Hintergrund häufig in der Mast von Ferkeln aus Herkünften mit Glässer-Problemen. Wenn belastete Betriebe keinerlei Vorbeugemaßnahmen wie Impfungen oder metaphylaktischen Therapeutika-Einsatz umsetzen, sind die Probleme vorprogrammiert. Oftmals führen parallel auftretende PRRS-Feldinfektionen oder die „Restemast“ zu einer Aktivierung des ansonsten eher subklinischen Krankheitsbildes. Block VI: Im Befundblock der untauglichen Tiere war Schwanzbeißen mit multipler Abszessbildung durch metastatische Ansiedlung von Eiterkeimen im Becken- und Rückenwirbelbereich die Hauptursache. Weitere „Auslöser“ waren Glässer-Infektionen oder Streptokokken mit dem Auftreten von Entzündungen zahlreicher Gelenke. Die PDNS, Haut- und Nierenform der PCV2-Infektion, mit dadurch bedingten Farbabweichungen des Schlachtkörpers muss hier ebenfalls genannt werden. Schon aus diesem Grunde ist zwingend eine voll dosierte und zeitlich exakt gesetzte PCV2-Ferkelimpfung gegen diese weit verbreitete Virusinfektion zu fordern! Block VII: Der HVM-Befundblock ist in seiner Bedeutung zwar wichtig, zahlenmäßig aber eher nachrangig zu sehen. Die Befundhäufungen durch HVM (Mycobacterium avium) hatten ihre Ursache zum einen in der Mast von vorbelasteten Herkünften. Beispielsweise waren die Ferkel in der Aufzucht mit infektiösem Material in Kontakt gekommen. Ein typisches Beispiel ist Torf als Einstreu in Ferkelnestern oder Buchten. Zum anderen wurde Geflügel wie Brieftauben oder Haushühner sowie Schweine in enger Nachbarschaft aufgestallt oder die Stallung bzw. der Futterlagerraum war nicht gegen Vogelmigration abgeschottet. Die in der Literatur oft als Problemeinstreu bezeichneten Sägespäne konnten nicht als Ursache ausgemacht werden. Möglicherweise stammen die heute überwiegend verwendeten Späne hauptsächlich aus zertifizierten gewerblichen Erzeugerbetrieben. Bleibt festzuhalten: Die Westfleisch wertet die Befunddaten regelmäßig aus und gibt Hinweise, wenn die Befundraten zu hoch sind. In diesem Falle bietet das Unternehmen eine für den regelmäßig zuliefernden Vertragsbetrieb kostenfreie Beratung an, möglichst auch unter Einbeziehung des Hoftierarztes. Das Ziel ist eine verbesserte Tiergesundheit. Wird dies erreicht, können in der Regel die Behandlungskosten gesenkt und die biologischen Leistungen in der Mast gesteigert werden. Aber auch der Schlachtbetrieb profitiert. Über eine Verbesserung der Schlachtbefunddaten reduziert sich die Anzahl der zur Nacharbeitung ausgeschleusten Schlachtkörper. Die allgemeinen Schlachtkosten können so gesenkt werden. Letztendlich wird durch diese Prozedur die Zulassung für die risikobasierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung sichergestellt. Trotz dieser Vorteile waren die Tierhalter anfangs sehr kritisch. Manche Betriebe fürchteten, in ein Konzern-Ranking hineinzukommen, verbunden mit Abzügen, gestaffelt nach Auffälligkeit und Punktestand. Teilweise bestand auch Angst davor, durch die Transparenz in den Fokus der Behörden zu gelangen. In den Anfängen wurde die kostenfreie Beratung durch den Schweinegesundheitsdienst auch mit einer Kontrolle verwechselt. Mittlerweile hat sich bei vielen Mästern die Einstellung gewandelt. Viele Betriebe loben inzwischen die Initiative und schätzen die Hilfestellungen bei Problemen. So werden bei unbefriedigenden Schlachtabrechnungen mittlerweile die Befunddaten sehr genau analysiert und Zusammenhänge zum Gesundheits- und Hygienemanagement hergestellt. Denn mit gesunden Tieren lassen sich letztendlich höhere Schlachterlöse realisieren und Behandlungskosten verringern, Dies schlägt sich positiv auf den Deckungsbeitrag nieder. Die Minimierung der Organbefundrate geht einher mit verbesserter Tiergesundheit und -wohl. Bei Problemen mit hohen Befundraten bietet das Unternehmen Westfleisch den regelmäßig liefernden Betrieben kostenlose tierärztliche Beratung an. Das Ziel ist, den Gesundheitsstatus zu verbessern, was in der Regel mit niedrigeren Behandlungskosten und Tierverlusten einhergeht. Doch auch der Schlachtbetrieb und die nachgelagerte Stufe können profitieren. Denn verringerte Befundraten sind ein entscheidendes Plus auch im Sinne der Lebensmittelsicherheit und -hygiene. Gesundheitsdaten kontinuierlich erfassen Einstufung nach Befundrisiko Ursachen erkennen und abstellen Erregerdruck und Hygienemängel Befunddaten als Infoquelle Fazit Block I: Teilschaden am Körper; Block II: Parasitenlebern (Milkspots); Block III: Brustfell (Pleuritiden); Block IV: Lungen (Pneumonien); Block V Herzbeutel (Perikarditiden); Block VI: Untauglich wegen multipler Abszesse; Block VII: veränderte Unterkieferlymphknoten durch Mycobakterien. -Dr. Dieter Mischok und Dr. Catharina Hölscher, Westfleisch Münster, Tierärztliche Beratung- Bei hohen Befundraten ist eine diagnostische Abklärung angesagt. In diesen Fällen gibt die Westfleisch Hinweise und initiiert Beratungstermine vor Ort.