Unser Autor: Markus Fiebelkorn, Danske Svineproducenter
Etwas andere Ausgangslage, aber im Grunde dieselben Probleme: Nicht nur die deutschen, sondern auch die dänischen Schlachtbetriebe kämpfen um ihr jahrzehntelang sehr erfolgreiches Geschäftsmodell.
Angefangen beim unangefochtenen Platzhirsch Danish Crown (DC). Der Fleischkonzern setzt angesichts eines Selbstversorgungsgrades von über 400 % konsequent auf den Export. Doch die Zeiten des China-Booms sind vorbei und die hohen EU-Erzeugerpreise drücken die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Fazit
Die Schlachter kämpfen mit einem sinkenden Lebendangebot.
Die Kosten in der Mast sind gestiegen. Gleichzeitig drückt die Exportabhängigkeit den Erzeugerpreis. Zudem ist der Ferkelexport lukrativ.
Nicht ausgelastete Schlachtbänder verursachen Mehrkosten von bis zu 9 Cent pro kg SG.
Mit neuen Bonusmodellen wollen die Schlachter die Landwirte noch enger an sich binden und eine nachhaltige Produktion honorieren.
Dazu kommt, dass der dänische Mastschweinebestand zwar schon seit Jahren schrumpft, zuletzt aber regelrecht eingebrochen ist. Danish Crown und auch Tican als zweites großes Schlachtunternehmen im Land haben massive Probleme, ihre Schlachthaken auszulasten.
Und es lässt sich noch eine Parallele zur Schlachtbranche in Deutschland ziehen: Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit gelten als die bestimmenden Zukunftsthemen.
Langfristiger Abwärtstrend
Beim Blick in die Vergangenheit wird deutlich, dass die Hochzeit der dänischen Schlachtbranche schon lange zurückliegt. So erreichte man seinen Produktionshöhepunkt im Jahr 2004, als knapp 23 Mio. Schweine geschlachtet wurden. Seitdem geht es fast kontinuierlich abwärts (siehe Übersicht 1).
Nur in einzelnen Jahren ist es kurzfristig gelungen, den Abwärtstrend zu brechen. So sorgte im Jahr 2017 eine Stallbauförderung für eine leichten Produktionsausweitung. Einen weiteren Ausschlag nach oben verzeichnete man 2020. Damals brachte die Afrikanische Schweinepest (ASP) die chinesische Schweinefleischproduktion massiv ins Wanken. Von dieser Versorgungslücke profitierten die international aufgestellten dänischen Fleischexporteure bzw. Schweinehalter, die zu diesem Zeitpunkt auch noch moderate Produktionskosten zu tragen hatten.
Wenige Jahre später muss man festhalten, dass der Negativtrend so stark ist wie nie zuvor. Innerhalb von nur einem Jahr ist das Schlachtaufkommen um ca. 3,4 Mio. Schweine bzw. knapp 19 % auf nur noch 14,4 Mio. Stück gesunken.
Preise hinken hinterher
Die Gründe für den starken Rückgang sind vielfältig. Seinen Anteil daran hat sicherlich die seit Monaten nicht wettbewerbsfähige dänische Schweinenotierung. 2023 lag diese im Jahresdurchschnitt fast 30 Cent unter der deutschen VEZG-Notierung. Der Abstand zum EU-Preisführer Spanien lag sogar zeitweise bei über 50 Cent. In dieser Betrachtung war bereits eingeflossen, dass die dänischen Schweinehalter üblicherweise am Jahresende eine Bonuszahlung erhalten.
Dieses enorme Preisgefälle lässt sich in Teilen mit der Absatzstruktur im Schweinefleischgeschäft erklären. Nur 10 bis 15 % des in Dänemark produzierten Schweinefleisches werden auf dem Inlandsmarkt abgesetzt. Fast die Hälfte der Erzeugnisse werden in Drittländer exportiert, davon ca. 20 % nach China (siehe Übersicht 2). Zum Vergleich: Deutschland vermarktet, nicht zuletzt durch die ASP-bedingten Exportsperren für einige Drittländer, mehr als 90 % des erzeugten Schweinefleisches im eigenen Land oder im EU-Binnenmarkt.
Dementsprechend profitierten die deutschen Erzeuger, ähnlich wie ihre Berufskollegen in anderen EU-Ländern mit einem starken Inlandsgeschäft, von den Rekordpreisen in Europa. Die dänischen Fleischexporteure dagegen mussten im Wettbewerb mit den Lieferanten aus den USA und Brasilien Preiszugeständnisse machen, um ihre Ware platzieren zu können. Das bremste die Erzeugerpreise aus.
Unrentable Mast
Angesichts der schwachen Schlachtschweinenotierung hatten vor allem die Mastbetriebe im vergangenen Jahr Schwierigkeiten, ihre Kosten zu decken. Zumal sie die gleichen Ferkelpreise wie ihre deutschen Kollegen zahlen mussten. Und die kratzten dank der hohen Notierungen in einem der wichtigsten Abnehmerländer in einigen Sommerwochen an der magischen Marke von 100 € für ein 25 kg-Ferkel. Als Konsequenz gingen einige teil- oder komplett geschlossene Schweinebetriebe dazu über, ihre Ferkel zu exportieren, anstatt sie selbst zu mästen.
Dass sich diese Umverteilung nur mit einem leichten Plus im dänischen Ferkelexport niederschlug, hängt mit den explodierenden Produktionskosten zusammen. Unter anderem durch den Ukraine-Krieg sind die Futter- und Energiepreise sowie die Lohnkosten massiv gestiegen. Das zwang im letzten Jahr weniger rentable Sauenbetriebe zur Aufgabe.
Unter den noch aktiven Veredlungsbetrieben wächst indes der Unmut darüber, dass die dänischen Schlachtschweinepreise nicht mehr mit denen in anderen großen Schweinehalter-Nationen in der EU mithalten können. Deshalb kamen im letzten Oktober auch über 350 Schweinehalter zu einem Krisentreffen zusammen. Sie sind Anteilseigner des genossenschaftlichen Schlachtkonzerns DC und haben teils sehr kontrovers über dessen strategische Ausrichtung und Organisationsstruktur diskutiert. Letztlich gipfelte das Ganze darin, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Schlachtgenossenschaft seinen Hut nehmen musste.
Platzhirsch Danish Crown
Inwiefern sich jetzt etwas an der Unternehmensausrichtung ändert, bleibt abzuwarten. Dabei steht und fällt im dänischen Schweinemarkt alles mit dem Handeln des dominanten Branchenführers. Das genossenschaftliche Schlachtunternehmen steht für fast 75 % des inländischen Schlachtaufkommens.
Folglich beeinflusst man auch maßgeblich die Preisbildung. Bedeutet, der Fleischkonzern legt donnerstags den Notierungspreis fest und in der Regel schließen sich dem die wenigen anderen Schlachtunternehmen an. Obendrein arbeitet DC fast ausschließlich mit einjährigen Lieferverträgen und Genossenschaftsmitglieder sind sogar dazu verpflichtet, rund 80 % ihrer jährlich erzeugten Schlachttiere an das Unternehmen zu liefern.
Fakten
14,4 Mio.
Schweine wurden letztes Jahr in Dänemark geschlachtet
75 %
beträgt der Marktanteil von Danish Crown
1,3 Cent
pro kg SG als Nachhaltigkeitsbonus
Ein Streitpunkt zwischen DC und seinen Lieferanten sind auch die jährlichen Bonuszahlungen. Im November jeden Jahres erhalten die Betriebe eine Ausschüttung für das vergangene Geschäftsjahr (Oktober – September). Wie hoch die Zahlung ausfällt, macht der DC-Aufsichtsrat jedes Jahr aufs Neue vom Unternehmenserfolg abhängig. Im Wirtschaftsjahr 2021/2022 betrug sie noch ca. 17,4 Cent/kg SG. In 2022/2023 mussten sich die Erzeuger mit ca. 14,8 Cent/kg SG zufrieden geben.
Tican mit Imageproblemen
Einziger nennenswerter Konkurrent im Schlachtschweinegeschäft ist Tican. Das Tönnies-Tochterunternehmen kam im vergangenen Jahr auf immerhin knapp 2,5 Mio. Schweineschlachtungen. Allerdings hat das Unternehmen in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt, als man entgegen der sonstigen Handhabe am Ende des Jahres einen geringeren Bonus als DC zahlen wollte. Es folgte ein riesiger Rechtsstreit mit der Erzeugerseite und letztlich haben viele größere Schlachtschweinelieferanten dem Fleischunternehmen die Partnerschaft aufgekündigt.
Neben den beiden Großkonzernen kann sich nur noch Danepork behaupten. Mit ca. 800.000 Schlachtungen tritt man als bodenständiger Mittelständler auf und genau das spricht viele kleinere Schweinehalter an, die sich in den Großkonzernstrukturen nicht wohl fühlen. Das reicht inzwischen so weit, dass Danepork im letzten Jahr einen Zuwachs der Schlachtzahlen vermelden konnte. DC und Tican mussten dagegen Rückgänge von knapp 18 bzw. sogar fast 30 % verkraften.
Schlachthöfe machen dicht
Angesichts dieser Marktstrukturen und dem Umstand, dass sich die dänischen, anders als die deutschen Schlachter, nicht an den Spotmärkten mit zusätzlichen Schlachttieren eindecken können, zogen die gesunkenen Schlachtzahlen harte Konsequenzen nach sich. So sah man sich bei Danish Crown im letzten Sommer dazu gezwungen, den Standort in Sæby dauerhaft zu schließen. Mit einer Jahresschlachtmenge von 2 Mio. Stück war diese Betriebsstätte immerhin der viertgrößte Schweineschlachthof des Landes.
Beim Konkurrenten Tican ging man dazu über, einzelne Schlachttage am Standort in Thisted zu streichen. In Brørup wurde zeitweise nur noch an drei Tagen in der Woche geschlachtet. Nach Angaben des Unternehmens geht die mangelnde Auslastung der Schlachtbänder stark zur Lasten der Produktionseffizienz. So beziffert man aktuell die Mehrkosten auf 7 bis 9 Cent pro kg Schlachtgewicht.
Schlachtungen besser planen
Danish Crown will hier gegensteuern und durch das bereits länger etablierte Bonussystem die Planbarkeit der Schlachtungen erhöhen. So erhält jeder Schweinehalter einen Zuschlag in Höhe von 1,3 Cent pro kg SG, wenn er elektronisch den voraussichtlichen Liefertermin seiner Schlachttiere mitteilt. Außerdem werden die Betriebe dazu angehalten, u. a. die Anzahl der Schweine, die Einstallgewichte sowie die Tageszunahmen weiterzuleiten und Angaben zur Lieferstrategie bzw. -gewicht zu machen.
Darüber hinaus führte der Marktführer im Juli 2023 eine Stabilitätsmaske ein, die Angebotsschwankungen reduzieren soll. Jeder dänische Mäster muss für ein Jahr im voraus seine Schweine-Lieferungen melden. Weicht die tatsächliche Lieferung mehr als 10 % von der Schätzung ab, drohen empfindliche Abzüge.
Wettstreiter Tican feilt dagegen an seiner Preisstrategie, um neue Lieferanten zu gewinnen. So folgte das Unternehmen in der Vergangenheit normalerweise der Notierung von DC. Von März bis Dezember 2023 entschied man sich allerdings dafür, circa 2,7 Cent pro kg SG mehr zu zahlen. Außerdem will man neue Wege gehen und künftig 300.000 Jungeber sowie 200.000 immunokastrierte Eber (Improvac) pro Jahr schlachten.
Nachhaltigkeit oberstes Gebot
Abseits der Diskussionen um Erzeugerpreise und Überkapazitäten steht bei DC das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Der Fleischkonzern ist überzeugt, dass zukünftig Nachhaltigkeit ein wichtiger Wettbewerbsparameter sein wird und sich langfristig in höheren Verkaufserlöse niederschlägt.
Dafür wurden auch ambitionierte Ziele gesetzt. So will das Unternehmen bis 2030 den CO2-Fußabdruck des Fleisches um 50 % senken. Bis 2050 soll die Produktion klimaneutral sein. Bereits seit über einem Jahr hält DC die Schweinehalter deshalb dazu an, dass sie Produktionsdaten und andere Infos teilen, die zur Reduzierung des CO2-Fußabdruckes beitragen. Besonders im Fokus stehen die Futterbeschaffung bzw. -verbrauch. Im Gegenzug erhalten die Betriebe ein Nachhaltigkeitszertifikat und einen Bonus in Höhe von 1,3 Cent pro kg SG.
Dass DC die Umstellung ernst meint, zeigt auch das im letzten Sommer vorgestellte Strategiekonzept „Horizon“. Darin ist klar benannt, dass man in Zukunft weniger auf Größenvorteile setzen will. Stattdessen soll durch eine schlankere Administration und hochtechnologische Schlachtprozesse die Weiterentwicklung zu einem modernen Lebensmittelkonzern vorangetrieben werden. Das beinhaltet auch, dass der Fleischabsatz auf Kernkunden im Lebensmitteleinzelhandel, Foodservice und Verarbeitung ausgerichtet wird, die Wert auf datengesteuerte Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit legen.
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Standpunkt
Fleischbranche: Licht und Schatten
Von Innovationen bis hin zu Standortschließungen – der Sektor ist im Wandel.
Die letzten Jahre waren für die Fleischwirtschaft eine Zäsur. Nach Dekaden des Erfolgs und des Wachstums brachten ASP-bedingte Exportsperren, die Corona-Pandemie, hohe Inflation sowie ein sinkender Fleischkonsum die etablierten Geschäftsmodelle ins Wanken. Vor allem Branchengrößen wie Tönnies, Westfleisch oder Vion verzeichneten Gewinneinbußen oder gar Verluste.
Doch im neuen Jahr scheint sich das Bild zumindest für einige Akteure zu drehen. Allen voran Branchenprimus Tönnies. Nachdem der Konzern vor einigen Wochen mit der Vorstellung seiner „Klimaplattform Fleisch“ den Maßstab für die Branche gesetzt hat, profilierte man sich auf der Grünen Woche unter der Überschrift „Du hast die Wahl“ als Innovationstreiber.
Wettbewerber setzen auf andere Strategien. So reagierte die niederländisch-deutsche Vion Food Group jüngst mit der Veräußerung von drei Standorten auf die angespannte Lage in den Märkten. Zwei dieser Standorte sollen an die Tönnies Gruppe, einer an die mittelständische Schlachterei Uhlen gehen.
Vion reagiert strategisch konsequent auf sinkende Viehbestände, weniger Nachfrage, weniger Export und höhere Produktionskosten im deutschen Schlacht- und Verarbeitungssektor. Zukünftig will man sich stärker auf attraktive Produktsegmente und Regionen konzentrieren.
Etwas ruhiger geht es da in der zweiten Reihe zu. Zwar spürt der Markt aktuell eine hohe Nachfrage im Preiseinstiegssegment, und das ist eher das Spielfeld der großen Branchenführer. Doch dafür müssen sich die kleineren Fleischunternehmen mit ihrer naturgemäß starken Inlandsvermarktung nicht pausenlos mit den Großen der Welt messen. Und sie profitieren als authentische Regionalvermarkter am meisten davon, dass die Nachfrage nach regionalem Qualitätsfleisch langsam aber stetig wächst.
Auch wenn die Stimmung in der Branche aktuell nicht so düster ist, wie von manchen Politikern und NGOs herbeigeredet wird, dürften wir wohl noch weitere Umstrukturierungen sehen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil im hart umkämpften Fleischgeschäft das Geflügelfleisch immer mehr Marktanteile gewinnt.